Mein Kollege ist depressiv – was kann ich tun?

Mein Kollege ist depressiv - was kann ich tun?Im betrieblichen Alltag nehmen psychische Erkrankungen leider immer mehr zu. Häufig werden sie von Kollegen oder Vorgesetzten zunächst nicht wahrgenommen oder Verhaltensweisen werden fehlgedeutet.

Sehr verbreitet ist die Depression bzw. die anfängliche depressive Verstimmung. Die Betroffenen selbst schämen sich oft dafür und scheuen sich daher davor, etwas dagegen zu unternehmen. Oder die Krankheit ist schon so weit fortgeschritten, dass sie aus eigener Kraft dazu nicht mehr in der Lage sind.

Kollegen oder Chefs, die mit depressiven Kollegen zu tun haben, sind häufig überfordert. Zum einen gibt es diejenigen, die das zurückgezogene Verhalten für „Anstellerei“ halten und davon ausgehen, dass sich mit etwas mehr „Goodwill“ alles wieder normalisiert. Der kranke Mitarbeiter wird also selbst für seinen Zustand verantwortlich gemacht und somit – bewusst oder unbewusst – diskriminiert oder stigmatisiert.

Andere wiederum sind unsicher, wie sie mit den kranken Kollegen umgehen sollen. Das Verhältnis unter den Kollegen ist nicht immer so eng, dass man sich über persönliche Themen unterhält. Denn oft liegen die Ursachen im privaten Umfeld.

Die Betroffenen selbst scheuen i. d. R. den offenen Umgang mit ihrer Krankheit. Sie befürchten ausgegrenzt zu werden und haben existenzielle Ängste, machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Denn letztendlich leiden die Arbeitsatmosphäre und das Arbeitsergebnis unter der Depression.

Im Sinne der Betroffenen und auch des Unternehmens sollten Arbeitgeber und Kollegen aufmerksam werden, wenn sie über einen längeren Zeitraum Verhaltensänderungen beobachten.

Typische Anzeichen für eine Depression sind u. a.:

• Antriebslosigkeit
• Niedergeschlagenheit
• Interessenlosigkeit

Ein Beispiel: Hellhörig sollten Sie werden, wenn Ihr Kollege sich immer sehr für Musik interessiert hat und sich plötzlich in allen Gesprächen dazu nicht mehr beteiligt und mit freudloser Mimik am Arbeitsplatz sitzt. Weitere Merkmale für eine Depression sind eine sehr negative Einstellung zur Zukunft und sich für alle Fehler selbst die Schuld zu geben.

Grundsätzlich kann diese Krankheit jeden treffen, egal wie alt er ist oder aus welcher sozialen Schicht er stammt. Häufig steckt auch eine Bündelung verschiedenster Probleme unterschiedlicher Lebensbereiche dahinter. Schafft man es noch mit einer privaten Sorge klarzukommen, können massive, unterschiedliche Schwierigkeiten zur Überforderung führen. Der Mitarbeiter wird krank.

Seitens der Kollegen bzw. Vorgesetzten ist jetzt viel Sensibilität und Fingerspitzengefühl gefragt. Ob und wie es sinnvoll ist, den Betroffenen darauf anzusprechen, ist abhängig davon, wie gut man ihn kennt. Damit er sich Ihnen anvertraut und über seine Krankheit spricht, ist viel Vertrauen notwendig. Ist dies vorhanden, kann ein vertrauliches Gespräch das Abgleiten in eine klinische Depression möglicherweise verhindern. Das Verhalten zu ignorieren und totzuschweigen, kann den Zustand hingegen verschlechtern.

Ziel jedes Gesprächs sollte sein, den Reflexionsprozess des Betroffenen anzustoßen und sich schnell professionelle Hilfe zu holen. Das kann ein erstes Gespräch mit einem Betriebsarzt oder einer Vertrauensperson sein. Darüber hinaus gibt es natürlich externe Organisationen (siehe Deutsche Depressionshilfe) bzw. Psychotherapeuten, die Unterstützung bieten.

Unterhalten Sie sich darüber mit dem Betroffenen in einem geschützten Raum, unter vier Augen. Keinesfalls sollte dies der Arbeitsplatz, der Flur oder der Sozialraum sein. Dort muss man immer damit rechnen, dass jemand hereinplatzt.

Bedenken Sie bitte, dass Sie kein Ersatz für einen Therapeuten sein können, sondern lediglich darauf hinwirken können, dass dieser oder andere Hilfsorganisationen aufgesucht werden. Ein wichtiger Schritt, mit dem oft Schlimmeres verhindert werden kann.


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