Alkohol am Arbeitsplatz – Achtung Fürsorgepflicht!

Ist es bei Ihnen im Unternehmen erlaubt, Alkohol während der Arbeitszeit oder in der Mittagspause zu trinken? Manche wird diese Frage vielleicht irritieren – Alkohol bei der Arbeit? Natürlich ist das verboten! In manchen Unternehmen ist es jedoch geradezu üblich, in der Mittagspause ein kühles Bier zu trinken. Wie ist hier also die gesetzliche Lage?

Es gibt in Deutschland kein allgemeines, gesetzlich geregeltes Verbot von Alkohol am Arbeitsplatz oder in der Mittagspause und auch keine gesetzlich festgelegte Promille-Grenze für Arbeitnehmer*innen. Ausnahmen sind lediglich in bestimmten Berufsgruppen zu finden (z. B. Bus- und Taxifahrer, Piloten oder als sicherheitsrelevant für das öffentliche Leben eingestufte Berufe).

Theoretisch wäre es Ihren Mitarbeiter*innen demnach erlaubt, am Schreibtisch ein Glas Wein zu genießen, in der Mittagspause mit Sekt anzustoßen oder in der Fertigungshalle ein Bier zu trinken. Die Betonung liegt hier allerdings auf theoretisch.

Denn zum einen haben Arbeitnehmer*innen eine Treuepflicht ihrem Arbeitgeber gegenüber. Sie sind verpflichtet ihre Arbeit ordnungsgemäß und korrekt auszuführen. Schaut man sich die Auswirkungen von Alkoholkonsum an wird klar, dass Arbeitnehmer*innen dieser Treuepflicht schon nach gemäßigtem Alkoholgenuss nicht mehr nachkommen können:

  • ab 0,2 Promille sinkt die Konzentrationsfähigkeit,
  • bei 0,3 Promille verdoppelt sich das Unfallrisiko gegenüber dem nüchternen Zustand
  • bei 0,8 Promille lässt die Sehfähigkeit um ein Viertel nach,
  • bei 1,5 Promille ist das Unfallrisiko 16 Mal höher.

Je nach Alter, Geschlecht und Statur sind 0,2 Promille schon nach einem Bier erreicht oder überschritten.

Zum anderen haben Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht für Ihre Mitarbeiter*innen. Es ist die Pflicht des Arbeitgebers, bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen die gesundheitlichen Interessen ihrer Beschäftigten zu schützen.

Ein Beispiel: Eine Mitarbeiterin erscheint am Montagmorgen verspätet und mit „Alkoholfahne“ am Arbeitsplatz in der Produktionshalle. Ihre Führungskraft merkt, dass die Mitarbeiterin alkoholisiert ist, ignoriert dies aber. Die Mitarbeiterin macht sich an die Arbeit und amputiert sich in einem unaufmerksamen Moment an einer Maschine einen Finger.

Hier hat der Arbeitgeber klar seine Fürsorgepflicht verletzt. Er hat den alkoholisierten Zustand der Mitarbeiterin bemerkt und sie dennoch arbeiten lassen. Dadurch hat er billigend in Kauf genommen, dass die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter*in wie auch aller anwesenden Kolleg*innen gefährdet wurden und muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Was hätte die Führungskraft also tun sollen? Sie hätte die Mitarbeiterin darauf ansprechen sollen, dass sie sie als alkoholisiert wahrnimmt. Möglicherweise hätte die Mitarbeiterin dies abgestritten. Bestmöglich hätte die Führungskraft einen Kollegen oder eine Kollegin hinzugezogen, welche die subjektive Wahrnehmung der Führungskraft bestätigt hätte. Die Führungskraft hätte der Mitarbeiterin die Ausübung ihrer Tätigkeit unbedingt untersagen müssen und sie beaufsichtigt nach Hause bringen lassen müssen.

Fassen wir einmal zusammen. Es gibt in Deutschland kein grundsätzliches Verbot von Alkoholkonsum am Arbeitsplatz. Der Arbeitnehmer hat eine Treupflicht seinem Arbeitgeber gegenüber, dieser wiederum muss seiner Fürsorgepflicht dem Arbeitnehmer gegenüber nachkommen. Aber nicht immer merkt der Arbeitgeber, wenn seine Mitarbeiter*innen alkoholisiert sind. Hier wird es dann kompliziert.

Um rechtliche Probleme zu vermeiden, bietet sich ein allgemeines Alkoholverbot im Unternehmen an. Im Rahmen einer Betriebsvereinbarung lassen sich die im Unternehmen geltenden Regeln wie auch das Vorgehen im Falle eines Verstoßes konkret regeln. Eine Musterbetriebsvereinbarung finden Sie beispielsweise auf der Homepage der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.

Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) geschehen 20 % aller Arbeitsunfälle unter Alkoholeinfluss, über 40 % der suchtbedingten Fehlzeiten entfallen in Deutschland auf Alkoholkonsum.

Verschließen Sie daher nicht die Augen vor diesem wichtigen Thema. Sensibilisieren Sie Führungskräfte und Mitarbeiter*innen für das Thema Alkohol und Sucht und etablieren und leben Sie betriebliche Suchtprävention.

Bei unserem Symposium „Sucht – Prävention und Hilfe im Betrieb“ und in unseren Seminaren „Suchterkrankungen im Betrieb“ erlangen Sie und Ihr Betriebsrat umfassendes Wissen rund um das Thema Alkohol und Sucht am Arbeitsplatz.


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