„Krabbenbrötchen-Fall“ oder fristlose Kündigung wegen Diebstahls?

Krabbe2Nach dem Emmely-Pfandbon Fall, in dem eine Kassiererin wegen nicht ordnungsgemäßer Abrechnung von zwei Pfandbons im Wert von isgesamt 1,30 € fristlos entlassen wurde, finden sich immer wieder Kündigungsfälle wegen Diebstahls oder Unterschlagung geringwertiger Sachen. Das Bundesarbeitsgericht hatte damals schlussendlich die Kündigung von „Emmely“ aufgehoben, da ein über 30-jähriges Dienstverhältnis bestand und der Schaden für die Beklagte relativ gering gewesen sei. Insgesamt hat sich das Bundesarbeitsgericht aber gegen eine generelle „Bagatellgrenze“ bei Diebstählen oder Unterschlagungen ausgesprochen. Die Kündigung sei nicht wegen des geringen Wertes der Sache unwirksam, sondern weil es -angesichts der zu treffenden Abwägung zwischen dem Schaden der Beklagten und des Fehlverhaltens und Interesses der Klägerin- ein milderes Mittel gegeben hätte. Die Kündigung – und gerade die fristlose- ist immer die ultima ratio! Hier wäre die Abmahnung als „mildere Mittel“ ausreichend gewesen.

Neuester Fall, der für Furore sorgte, ist der sog. „Karstadt-Krabbenbrötchen“-Fall. Eine langjährige Mitarbeiterin von Karstadt, Songül U., belegte eine Hälfte ihres selbst gekauftes Brötchens mit Krabbensalat aus der Feinkostabteilung Karstadts. Es wurde geschätzt, dass es sich hierbei um 50-100 Gramm des Krabbensalats handelte. Karstadt kündigte das Arbeitsverhältnis, die Mitarbeiterin klagte-und gewann den Kündigungsschutzprozess.

Die daraufhin von Karstadt erhobene Berufung hatte vor dem LAG Hamburg keinen Erfolg. Da das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zuließ, konnte Karstadt nur noch Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil erheben. Diese Beschwerde wurde nun vom BAG zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ist für den versierten Arbeitsrechtler nicht erstaunlich. Bereits 2009 gab es einen ähnlichen Fall, in dem zwei Bäckern der Bäckerei Westermann wegen des „Diebstahls“ eines Brötchenbelages gekündigt wurde. Auch diese Kündigung hatte vor Gericht keinen Bestand. Hier stützte sich das Gericht ebenfalls auf eine über 20-jährige Betriebszugehörigkeit. Allerdings waren auch formale Fehler bei der Betriebsratsanhörung ausschlaggebend für das klagestattgebende Urteil.

Alles in allem wird man weiterhin strenge Abwägungskriterien bei fristlosen Kündigungen zu beachten haben. Der Betriebszugehörigkeit wird dabei ein wichtiger Stellenwert zugeordnet. Wer auf der sicheren Seite sein will, mahnt erstmal ab!


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