Die „Bundesnotbremse“ ist ausgelaufen: Was ist erlaubt – was nicht?

Wegen der sinkenden Infektionszahlen und der steigenden Impfungen ist die Bundesnotbremse zum 30.06. ausgelaufen. Die Corona-Arbeitsschutzverordnung wurde mit der Infektionslage angepasstem Inhalt bis einschließlich 10.09.2021 verlängert. Was hat das für Auswirkungen im Betrieb? Welche Regeln gelten und wie können die Beschäftigten vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus geschützt werden?

Die Anforderungen an Arbeitgeber und -nehmer werden gelockert und die Pflicht für die Arbeitgeber, Homeoffice zu ermöglichen und den Mitarbeiterinnnen und Mitarbeitern zu begründen, warum es ggf. nicht geht, ist seit dem 1. Juli aufgehoben. Auch entfällt künftig die verbindliche Vorgabe einer Mindestfläche von zehn Quadratmetern pro Person in mehrfach belegten Räumen. D. h., die Arbeitnehmer*innen werden vermehrt in die Betriebe zurückkehren. Dabei müssen ggf. getroffene arbeitsvertragliche Regelungen und Betriebsvereinbarungen zum Homeoffice berücksichtigt werden. Arbeitnehmern, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, sind vom Arbeitgeber weiterhin wöchentlich zwei Covid-19-Selbsttests zur Verfügung zu stellen. Weiterhin hat der Arbeitgeber präventive Schutzpflichten im Rahmen der Corona-Arbeitsschutzverordnung, insbesondere soll der Kontakt zwischen Mitarbeitern auf das betrieblich notwendige Maß beschränkt werden. Zu diesem Zwecke nennt der Gesetzgeber im Referentenentwurf zur Neufassung der Verordnung ausdrücklich Homeoffice als probates Mittel.

Steigen die Zahlen wieder, könnte die Corona-Arbeitsschutzverordnung auch noch einmal angepasst werden.

Müssen Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplatz zurückkehren?

Grundsätzlich ist die Rückkehr aller Beschäftigten an den Arbeitsplatz möglich und dann auch auf Weisung des Arbeitgebers verpflichtend, wenn ihr Schutz sichergestellt ist. Zusammen mit dem Betriebsrat und dem Betriebsarzt ist hierzu eine regelmäßige Gefährdungsbeurteilung notwendig. Wünschenswert wäre allerdings, dass Arbeitgeber auch über die Pandemie hinaus, eine (teilweise) Tätigkeit im Homeoffice ermöglichen. Wird dies nicht allen Arbeitnehmer*innen angeboten, sondern nur bestimmten Gruppen, muss der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet werden. D. h. für eine mögliche Ungleichbehandlung sind sachlich gerechtfertigte, objektive Gründe, die z. B. mit den Anforderungen der jeweiligen Tätigkeit zusammenhängen, erforderlich.

Gibt es Ausnahmen?

Risikogruppen und besonders schutzwürdigen Arbeitnehmern gegenüber hat der Arbeitgeber eine erhöhte Fürsorgepflicht. Hier kann es im Einzelfall nötig sein, Sonderregelungen zu treffen. Es müssen individuelle Gefährdungsbeurteilungen erfolgen, bei denen der Betriebsrat und der Betriebsarzt hinzugezogen werden. Grundsätzlich haben die Beschäftigten aber keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Tätigkeit in Heimarbeit.

Die Rückkehr zum Arbeitsplatz steht an

Nach wie vor hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht. Er muss dafür sorgen, dass die Beschäftigten am Arbeitsplatz einem möglichst geringen Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Dazu kann er sich an der Sars-Cov-2-Arbeitsschutzregel orientieren. Werden alle dort genannten Maßnahmen berücksichtigt, ist der Fürsorgepflicht genüge getan.

Stehen zudem Versetzungen oder Betriebsänderungen in dem Zusammenhang an, ist der Betriebsrat daran zu beteiligen.

Notwendige Hygienemaßnahmen

Um eine Ansteckung zu verhindern, müssen entsprechend den Arbeitsschutzbestimmungen auch weiterhin die „AHA-Regeln“ beachtet sowie das Lüften nicht vernachlässigt werden. Ganz unabhängig von der Unternehmensgröße sind die Arbeitnehmer*innen zur Mitwirkung verpflichtet und der Arbeitgeber muss die Einhaltung überprüfen. Auch die Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Schutzmaske ist vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Die dazu notwendigen Masken muss die Unternehmensleitung bereitstellen. Und auch wenn Arbeitnehmer:innen ein aktuelles negatives Testergebnis vorlegen oder bereits vollständig geimpft sind, entbindet sie das nicht von der Pflicht, die Maske zu tragen, sofern das ausdrücklich angeordnet wurde.

Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass die Mindestabstände von 1,5 Metern bzw. die Abtrennung von Arbeitsplätzen, auch in Sozial- und Besprechungsräumen, eingehalten werden. Wenn regelmäßiges Lüften nicht möglich ist, sind dort ordnungsgemäß betriebene raumlufttechnische Anlagen ausreichend.

 Die Rückkehr aus dem Homeoffice wird verweigert, aus Angst sich anzustecken

Wie bereits vorher erwähnt, hat ein/eArbeitnehmer*in keinen grundsätzlichen Anspruch, die Tätigkeit im Homeoffice fortzusetzen. Aufgrund des Weisungsrechts kann der Arbeitgeber die Rückkehr an den Arbeitsplatz anordnen. Grundsätzlich hängen die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers aber davon ab, ob und welche Vereinbarungen dazu existieren.

Einen Anspruch auf Homeoffice hat ein/e Beschäftigte/r dann, wenn ihe/ihm das arbeitsvertraglich zugesichert wurde. Auch eine möglicherweise dazu entstandene betriebliche Übung muss berücksichtigt werden.

Impfverweigerer – was tun?

Da keine allgemeine Impfpflicht existiert, kann auch der Arbeitgeber die Mitarbeiter nicht verpflichten, sich impfen zu lassen. Möglich ist es jedoch, Impfanreize zu setzen. Das können sowohl positive als auch negative Anreize sein. Finanzielle Prämien oder auch Gutscheine können ausgegeben werden. Allerdings können auch Verbote ausgesprochen werden, die z. B. auf das Betreten von Gemeinschaftsräumen abzielen. Wichtig ist es, hierbei die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, sowie das Gleichbehandlungsgebot und Maßregelungsverbot zu beachten.

Weiterhin kann der Arbeitgeber Impf-Aufklärungsgespräche beim Betriebsarzt anbieten, um mögliche Unsicherheiten seitens der Arbeitnehmer*innen zu beseitigen. Gleichzeitig ist der Arbeitgeber nach der Arbeitsschutzregelung berechtigt, Beschäftigte mit Symptomen aufzufordern, den Arbeitsplatz unmittelbar zu verlassen.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Rückkehr an den Arbeitsplatz

Wie auch bei der Einführung der Arbeit im Homeoffice, hat der Betriebsrat bei der Rückkehr an den alten Arbeitsplatz Mitbestimmungsrechte. Sowohl bei der Gestaltung von Arbeitsschutzkonzepten, einer Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung als auch Rückkehrregelungen ist er – je nach den entsprechend getroffenen Regelungen – unter Umständen zu beteiligen. Unterbleibt dies, so kann der BR möglicherweise die Rückkehr in den Betrieb vorläufig verhindern.

Wurden in der Vergangenheit bereits Betriebsvereinbarungen zur Arbeit im Homeoffice geschlossen, so ist auf diese abzustellen.

Fazit:

Wenn nicht bereits geschehen, sollten sich die Unternehmen Gedanken machen, ob die Arbeit im Homeoffice nicht auch zukünftig praktiziert werden soll. Schließlich haben die letzten Monate gezeigt, dass die Arbeitnehmer auch zu Hause produktiv und engagiert arbeiten. Musste zu Beginn der Pandemie alles sehr schnell und ohne Daten- oder Arbeitsschutzvereinbarungen umgesetzt werden, ist es jetzt an der Zeit, die Arbeit im Homeoffice auch rechtssicher zu regeln.

Schließlich profitiert davon auch das Unternehmen: Bei ständiger Einrichtung von Homeoffice können Kosten für Büroarbeitsplätze eingespart werden. Und die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigt. Denn viele haben im letzten Jahr die Arbeit im Homeoffice schätzen gelernt und würden gern (zumindest teilweise) daran festhalten.

 


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