Der Jobmarkt hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert – auch hinsichtlich des Angebots an Ausbildungsplätzen. Weg vom Angebots- und hin zum Nachfragemarkt. Auf jeden Fall für eine Vielzahl der Schulabgänger. Ein Großteil der Azubibewerber entscheidet sich mittlerweile für ihr Ausbildungsunternehmen und nicht das Unternehmen für sie.
Kein Frage, insbesondere Hauptschüler oder Schüler mit einem schlechten Schulabschluss müssen nach wie vor hart um eine Lehrstelle kämpfen.
Laut einer Studie von u-Form Testsysteme „Azubi-Recruitung Trends“ schreiben 46,4 % der Bewerber um eine Lehrstelle nur eine bis fünf Bewerbungen und über 60% erhalten mehr als ein Ausbildungsplatzangebot. Allerdings gaben auch mehr als 45% der Befragten an, nie wieder etwas von ihrer Bewerbung gehört zu haben. Sie beklagen sich über fehlendes Feedback. Frei nach dem Prinzip „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus“, erscheinen dann auch 23% der eingeladenen Bewerber nicht zum Vorstellungsgespräch. Und jeder 10. Auszubildende tritt die Lehrstelle trotz geschlossenen Vertrages nicht an.
Vielleicht sei es an der Zeit, dass sich Ausbildungsbetriebe fragen müssen, ob die Auswahlprozesse und die Bewerberkommunikation noch zeitgemäß seien. Das fange bereits bei den Anforderungsprofilen in Stellenanzeigen an. Seitens der Betriebe wird zwar umfänglich ausformuliert, welche Qualifikationen notwendig seien, letztendlich sagen aber mehr als 61% der befragten Unternehmen, dass nicht alle Anforderungen erfüllt werden müssen, um berücksichtigt zu werden. Lediglich gut 2% sortieren konsequent Kandidaten aus, wenn sie vom genannten Profil abweichen.
Die Auszubildenden selbst hingegen nähmen es sehr viel genauer. 19% bewerben sich nur, wenn sie alle Anforderungen erfüllen und knapp 30%, wenn sie vier von fünf Anforderungen erfüllen. Den Unternehmen gingen dadurch viele potenzielle Bewerber verloren. Die Betriebe seien gefragt, sich im Vorfeld mehr Gedanken zu machen, welche Voraussetzungen die ausgeschriebene Lehrstelle wirklich erfordere und nicht jedes Ausbildungsplatzangebot, egal ob z.B. IT- oder Kaufmännischer Bereich, mit dem gleichen Anforderungsprofil zu versehen.
Besonderes Augenmerk sollen die Unternehmen auf die Geschwindigkeit und Qualität von Bewerbungsprozessen richten. Zwar behaupten 61,7% der Betriebe nach ein bis zwei Tagen auf die Bewerbung zu antworten, das sehen die potenziellen Auszubildenden allerdings anders. Nur 30% geben an, dass das der Wahrheit entspreche. Ein gut funktionierendes Prozessmanagement in den Personalabteilungen würde hier Abhilfe schaffen.
Für die Bewerber selbst sind persönliche Kontaktpunkte entscheidend. Die gute Atmosphäre im Vorstellungsgespräch oder das Angebot zum Probearbeiten seien oft ausschlaggebend für die Wahl des Ausbildungsbetriebs. Auch Praktika böten ihnen die Möglichkeit zu erkennen, ob der Beruf oder das Unternehmen auch zu ihnen passe. Diese persönlichen Kontaktpunkte seien bei den Bewerbern deutlich beliebter als bei den Ausbildungsbetrieben. Für die Unternehmen besteht hier noch Luft nach oben.
Zwar sind die heutigen Schulabgänger „Digital Natives“, was aber nicht bedeute, dass die Unternehmen sie ausschließlich über Social-Media Kanäle erreichen und von ihren Ausbildungsangeboten überzeugen können. Zwar nutzen die potenziellen Azubis häufig Suchmaschinen, Karrierewebsites oder Online-Angebote der Agentur für Arbeit, aber Facebook & Co. sind als Informationsquelle für die Stellensuche weit abgeschlagen. Wünschenswert für die Ausbildungsbetriebe sei es, die Ausbildung erlebbarer zu machen, z.B. durch Ausbildungs- und Berufsmessen. Diese werden von den Schülern gern genutzt und nicht als lästige Pflichtübung angesehen.
Nicht unterschätzen sollten die Unternehmen die Zielgruppe Eltern. Natürlich werden die potenziellen Azubis erheblich von ihnen beeinflusst. Schließlich sind viele von ihnen noch minderjährig. Sei es, dass die Eltern sich etwas Besseres für ihre Kinder wünschen oder die Kinder selbst nur wenig von der Berufswahl ihrer Eltern inspiriert seien.
Für die Unternehmen gibt es also durchaus noch Verbesserungspotenzial im Auszubildendenmarketing, schaut man sich die derzeitige Lage auf dem Azubimarkt an.
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