Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Die Fürsorgepflicht des ArbeitgebersJeder Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten. Bei der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers handelt es sich um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht, die sich zunächst aus den Paragraphen 617 bis 619 des BGB ergibt. Sie ist also nicht als vertragliche Hauptpflicht (Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer, Pflicht zur Zahlung von Lohn durch den Arbeitgeber) im Arbeitsvertrag festgeschrieben, sondern ergibt sich aus rechtlichen Normen, die generell jedes Arbeitsverhältnis betreffen. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert sich darüber hinaus in unterschiedlichen rechtlichen Bestimmungen, die zwingend beachtet werden müssen und die sich vertraglich nicht ausschließen lassen. Hier sind insbesondere etwa die Arbeitsstättenverordnung, das Arbeitsschutzgesetz, das Arbeitssicherheitsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, die Arbeitszeitverordnung, das Jugendarbeitsschutzgesetz oder das Mutterschutzgesetz zu nennen. Auch diese Gesetze haben wieder konkretisierende Untergesetze oder Verordnungen wie beispielsweise die Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), in denen einzelne Gefährdungssachverhalte und die Art, wie mit ihnen umzugehen ist, genau festgelegt werden. Teilweise konkretisiert sich die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch in europäischem Recht wie z. B. in der europäischen Maschinenrichtlinie.

Aufgabe des Arbeitgebers im Rahmen seiner Fürsorgepflicht ist es, Leib, Leben und Gesundheit seiner Mitarbeiter vor Gefahren im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zu schützen und ihre körperliche und geistige Unversehrtheit sicherzustellen. Weiterhin muss er das für den Arbeitsplatz notwendige Eigentum der Arbeitnehmer schützen.

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist also ein sehr weites Feld, das sich in der Kürze eines Blogbeitrags nicht umfassend darstellen lässt. Sie umfasst zum Beispiel folgende Bereiche:

Vermeidbare Schäden müssen vom Arbeitnehmer abgewandt werden. D.h. Räume, Arbeitsabläufe und technische Geräte müssen grundsätzlich so eingerichtet werden, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leib und Leben geschützt ist. Auch Maßnahmen, die die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz verbessern, müssen ergriffen werden. Durch eine vom Arbeitgeber zu erstellende Beurteilung der Gefährdung, der die Arbeitnehmer an ihrem konkreten Arbeitsplatz ausgesetzt sind, müssen ggf. Maßnahmen des Arbeitsschutzes in die Wege geleitet werden. Eine Gefährdung kann sich z. B. durch die Einrichtung des Arbeitsplatzes, unzureichende Unterweisung der Beschäftigten, psychische und physische Belastungen, unzureichende Arbeitsmittel oder die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren ergeben.

Seit 2006 sollen Arbeitnehmer durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch vor Diskriminierung, Ungleichbehandlung und vor sexueller Belästigung (auch Anfeindungen, Einschüchterungen, Beleidigungen, Erniedrigungen) am Arbeitsplatz geschützt werden.

Seit 2016 existiert die neue Arbeitsstättenverordnung, die die Arbeitnehmer noch umfassender schützen sollte. Sie steht allerdings auch häufig in der Kritik. Darin werden z. B. Anforderungen zur Belüftung, Beleuchtung, Raumtemperatur, Sanitär- und Pausenräumen und zu Bildschirmarbeitsplätzen geregelt – allerdings mit reichlich Ausnahmen.

Eine Obhut- und Verwahrungspflicht hat der Arbeitgeber gegenüber dem Eigentum der Beschäftigten. Darunter fallen einerseits private Dinge, die der Arbeitnehmer dringend benötigt und mit an den Arbeitsplatz nehmen muss. Andererseits auch Dinge, die er für seine Arbeit benötigt (Materialien, Arbeitskleidung, Werkzeuge usw.). Der Arbeitgeber muss zumutbare Schutzmaßnahmen treffen, dazu gehören z. B. geeignete und ggf. verschließbare Aufbewahrungsmöglichkeiten.

Selbstverständlich müssen im Rahmen des Persönlichkeitsschutzes auch personenbezogene Daten der Mitarbeiter immer vor Datenmissbrauch geschützt werden. Diese Pflicht besteht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fort.

Verstöße bei der Fürsorgepflicht

Verstößt der Arbeitgeber schuldhaft gegen seine Fürsorgepflicht, können für ihn je nach Schwere der Verletzung Schadensersatz, Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe die Folge sein. Bei Verletzungen der Fürsorgepflicht kann der Arbeitnehmer auf Erfüllung bestehen und, wenn diese nicht erfolgt, bei weiter bestehendem Lohnanspruch die Arbeitspflicht verweigern. Erleidet er einen Schaden, kann er Schadensersatz verlangen.

Der Betriebsrat ist für die Arbeitnehmer häufig erste Anlaufstelle, wenn der Arbeitgeber gegen die Fürsorgepflicht verstößt. Die Arbeitnehmervertretung muss u.a. den Arbeitsschutz und auch die Einhaltung der Arbeitszeiten überwachen. Oftmals empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zu bestimmten Arbeitsbereichen (z. B. zum Homeoffice) auszuhandeln. Diese kann beiden Seiten Rechtssicherheit geben und leistet missbräuchlichen Arbeitsbedingungen Vorschub. Der Arbeitgeber gibt dadurch zwar ein Stück weit Kontrolle ab, tut aber andererseits seiner Fürsorgepflicht genüge.

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